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Literarische Erfahrungsberichte aus dem Lockdown

"LernSax, MS Teams, PDF & Co. – Meine Zeit mit Wechselunterricht und Homeschooling" – so lautete das Motto des diesjährigen 16. literarischen Wettbewerbs am Amtsgericht Leipzig.

Hierbei griff das Wettbewerbskomitee ein Thema auf, welches den schulischen Alltag der letzten zwei Jahre entscheidend geprägt hat und gibt den Schülerinnen und Schülern eine Plattform, um diese Ausnahmeerfahrung auch literarisch zu verarbeiten. Zu den 198 Teilnehmern gehörten auch siebzehn Schülerinnen und Schüler des BIP Kreativitätsgymnasiums, die sich sowohl mit nachdenklich-kritischen als auch heiter-ironischen Erzählungen und Gedichten am Wettbewerb beteiligt haben. Von diesen konnten Ludwig Adrian Bruns (5a), Anais Jo Böhme (10a), Maximilian Seidel (Klasse 11) und Clara Frische (Klasse 11) am 12.07.2022 in ihren jeweiligen Klassenstufen mit einem Wettbewerbspreis ausgezeichnet werden. Der bereits zum sechszehnten Mal ausgeschriebene Wettbewerb erfreute sich in diesem Jahr außerordentlicher Beliebtheit, was die von 114 auf 198 angestiegene Teilnehmerzahl sehr eindrucksvoll verdeutlicht. Dies zeigt, dass viele Leipziger Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit genutzt haben, ihre Lernerfahrungen aus dem Corona-Lockdown in einem literarisch ansprechenden Rahmen darzubieten. Zum wiederholten Mal schmückt das Poster des Literarischen Wettbewerbs ein bildnerisches Motiv aus unserem Gymnasium: ein Selbstporträt im Lockdown von Marie Nguyen.

(Anne Kohlhase)

 

Ludwig Adrian Bruns

Aus dem Leben eines Corona-Virus 

Winter 2019: Liebes Tagebuch, hier ist das Corona-Virus. Ich bin geboren. In rosa Windeln! Mit Einhörnern drauf! Perfekt! Ich hoffe, bis hierhin gefällt dir mein Tagebuch. Ich weiß nicht genau, warum und wie ich geboren bin, aber ich bin glücklich: die Windeln sitzen, erst zweimal eingekackt und Einschlafmusik im Hintergrund. 

März 2020 oder so ähnlich: Liebes Tagebuch, meine Weltreise nimmt seinen Lauf. Mittlerweile bin ich in Deutschland angekommen, leider habe ich aber immer noch kein so gutes Zeitgefühl, weshalb ich nicht genau weiß, in welchem Monat wir sind. Ich habe schon viele Städte in Deutschland gesehen und finde es hier wunderschön. Hier möchte ich bleiben! 

Erster Lockdown in Deutschland: Liebes Tagebuch, ich entwickle mich immer mehr zum bösen Virus. Meine Frisur sitzt stets und mittlerweile höre ich sogar schon Rock. Die Menschen haben Angst vor mir und in Deutschland ist sogar schon Lockdown. Sprich: Homeschooling, Homeoffice, Ausgangssperre und noch mehr so kompliziertes Zeug. Die Väter rasten aus und schütten sich den Kaffee über den Latz, weil der Computer streikt, die Mütter putzen 8 Tage in der Woche das Haus, die Kinder schmeißen ihre Controller an die Wand, bis sie kaputt gehen und der Rest der Leute streitet sich ums Klopapier. Ich habe ganz aus Langeweile mal Brokkoli gekostet. Widerlich! 

Dritter Lockdown in Deutschland: Liebes Tagebuch, tut mir leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. In Deutschland ist es nämlich richtig schön: die Landschaften, die Häuser, die Autos und vor allem die Currywurst schmeckt richtig gut. Ich habe auch eine Lieblingssportart: Eiskunstlauf, wunderschön! Sogar auch ein paar Freunde habe ich: da wäre zum Beispiel Delta und Omikron. Omikron finde ich besonders cool, denn Omikron war sogar schon mal in Südafrika. Doch keine Zeit dafür, ich muss jetzt los. Also: Frisur: sitzt, Zähne geputzt: brauche ich nicht (habe die das letzte Mal vor zwei Monaten geputzt, das reicht). Hier noch zum Schluss ein Abschluss-Gedicht: 

„Hallo, hier bin ich: du müsstest mich kennen, denn du erkrankst durch mich! 

Ich habe viele Pickel und ein rotes Gesicht, das macht schön Eindruck, deswegen liebe ich mich. 

Ich bin nicht hässlich, ich finde mich schön, ich habe lange Haare, deswegen brauche ich nen‘ Föhn. Dies war mein Gedicht, ich warne dich, hüte dich vor mir, sonst kriegst du mich.“ 

Dieses Gedicht habe ich sogar selber geschrieben. Aber genug Dichterei, ich muss jetzt wirklich los. Mach‘s gut! 

Dein Corona-Virus 

 

 

Anais Jo Böhme

Mein Lehrer ist ein Bildschirm 

Mein Lehrer ist ein Bildschirm, 

Flach und eckig. 

Mit Stimme und ohne Gesicht, 

Erfüllt er seine Pflicht. 

Manchmal laut und klar, 

Manchmal leis und starr, 

Ertönt die Stimme durch den Bildschirm, 

Flach und eckig. 

Jeden Tag, 

Versucht er uns zu lehren, 

Wogegen wir uns wehren. 

Mein Lehrer ist ein Bildschirm, 

Flach und eckig. 

Mein Lehrer ist der Bildschirm, 

Flach und nie stressig.

 

 

Clara Frische 

Ein Text über Süßwasserseegurken 

Der Präsident des Amtsgerichts Leipzig klagte bei einer der letzten Preisverleihungen, die älteren Schüler würden nur düstere Texte einreichen, die der jungen seien dagegen immer recht erfrischend. Das liegt vermutlich zum Teil auch daran, dass bevorzugt Themen gewählt werden, die mit zunehmenden Alter, also mit mehr Erfahrung, Verantwortung und Gelenkschmerzen, kritischer betrachtet werden und werden müssen. Freiheit, soziale Medien und auch Corona gehören dazu. 

Die Auswahl des diesjährigen Themas war wohl zu erwarten gewesen, und doch hatte sie es gewagt, sich etwas Unverbrauchteres zu wünschen. Dieser Wunsch wich schnell dem verwegenen Gedanken, ob es ihr gelänge, einen passenden Text zu verfassen, ohne auch nur ein einziges Mal die Worte Corona, Virus, Quarantäne, Pandemie und Home-Schooling zu verwenden. Eine Art literarisches Tabu-Spiel. Sie sah sich schon über eine solch interessante Thematik wie Raufasertapete schreiben, denn selbst dazu hätte sie mehr Lust und kreative Ideen als zu dem großen historischen Ereignis der letzten Jahre, dessen Name nicht genannt werden darf. Und wenn nicht Raufasertapete, dann halt Süßwasserseegurken, dachte sie schmunzelnd, als sie sich an den Titel der hochwissenschaftlichen Zeitschrift erinnerte, die vor ein paar Tagen neben ihr im Wartezimmer lag: "Süßwasserseegurken – die 2,5 Meter lange Delikatesse am Grund unserer Seen". Die GEOlino sollte wohl als Unterhaltung dienen, während man im vor lauter Desinfektionsmittel fast nebligen Raum der Praxis darauf wartete, ein paar Boten-Ribonukleinsäuren in den Arm gejagt zu bekommen.

Kurz sehnte sie sich nach einer Zeit, in der die Autokorrektur das Wort "Covid" noch rot unterstrichen und vorgeschlagen hätte, es ohne das C in einen römischen Dichter zu verwandeln. Dieser Trotz wich nun der Selbstreflexion. Wieso weigerte sie sich so vehement, das Thema anzunehmen? Hatte sie nicht das große historische Ereignis der letzten Jahre, dessen Name nicht genannt werden darf, selbst erlebt und ist es nicht überall präsent und bestimmt es nicht immer noch den Alltag? 

Mit einer kleinen Prise Originalität und zwei Tüten Sarkasmus wird sie sich schon bei 180° Ober- und Unterhitze einen passablen Text backen können, dachte sie. Bei der Überprüfung ihrer Zutatenliste fiel ihr jedoch auf, dass eine entscheidende Zutat fehlte. Aber wenn man bei Netto, Edeka oder sogar Kaufland nach einer Packung Motivation fragt, wird man wahrscheinlich für bescheuert erklärt. 

Da sie wusste, dass Motivation normalerweise immer vorrätig und vermutlich nicht ohne Grund kein Krümel mehr zu finden war, blieben ihre Gedanken an der Frage hängen, warum gerade dieses Thema sich mit Motivation so gut mischen ließ wie Öl mit Wasser. Je länger sie nachdachte, je müder sie des Nachdenkens wurde, desto frustrierter wurde sie. Ans Fenster tretend, die weiter unten auf der Straße vorbeifliegende Maske beobachtend, entschloss sie sich, ihre mentale Gesundheit zu schonen und sich das Nachdenken darüber zu verbieten. 

Befreiende Ruhe, endlich. Und dann, von neuem Elan durchströmt, hastete sie durch das Zimmer, flog beinahe an ihr mobiles Endgerät und begann zu schreiben. 

warm, warm, warm ist meine Haut 

vom beißend kalten Wind des Meers 

das nach Freiheit riecht 

und nach Leben schmeckt 

der Sand unter meinen Füßen 

erzeugt sein unbeschreibliches Geräusch 

den Lärm dieser Stadt übertönend 

meiner Stadt, 398 Kilometer entfernt 

doch wenn ich meine Augen schließe 

und die Hand dem Himmel entgegenrecke 

schmiegt er sich an sie 

umhüllt sie mit seinem grauen Blau 

hält sie fest und flüstert ihr zu 

wir sehen uns bald

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